Defekte Frontscheibe: Radarsensoren und Kamerasysteme müssen nach Wechsel der Frontscheibe mithilfe von (digitalen) Tafeln neu kalibriert werden. Bild: Georg Blenk

Defekte Frontscheibe: Radarsensoren und Kamerasysteme müssen nach Wechsel der Frontscheibe mithilfe von (digitalen) Tafeln neu kalibriert werden. Bild: Georg Blenk

Zurück

Alles im Blick

Worauf es beim Scheibentausch ankommt

Mit der Zunahme von Assistenzsystemen wie der Regen- oder Verkehrszeichenerkennung, dem Spurhalteassistenten oder der Abblendautomatik wird auch der Austausch von Windschutzscheiben komplexer. Sensoren und Kamerasysteme sitzen hinter der Scheibe und müssen aus- und eingebaut, teils neu kalibriert werden. Neues Wissen ist gefragt!

Anfang der 1990er Jahre gingen die Fahrzeughersteller allmählich dazu über, Windschutzscheiben zu kleben. Heute ist die hochmodulige Verklebung Standard. »Ohne die Technik der Verklebung wäre der Leichtbau von Fahrzeugen kaum möglich«, sagt Martin Klein, technischer Betriebsleiter und Mitinhaber elf freier Autoglas-Reparaturbetriebe in Bayern. »Als mittragendes Element setzt der Wechsel geklebter Scheiben bereits sehr viel Know-how beim Autoglaser voraus. Jetzt sind aber auch tiefgehende Kenntnisse im Bereich Fahrzeugdiagnose hinzugekommen, um bei einem Wechsel der Scheibe Fahrerassistenzsysteme (FAS) neu kalibrieren zu können.«

Lange Zeit waren freie Autoglaser laut Klein reine Autodidakten. »Jetzt aber benötigen sie Wissen, das nur über entsprechende Schulungen zu erwerben ist.« Martin Klein hat daher bereits 2014 mit seinem Berufskollegen Andreas Müller ein eigenes Autoglas-Schulungszentrum in Neu-Ulm gegründet. Auch die WM SE bietet zusammen mit dem Spezialisten für Klebeprodukte Teroson regelmäßig Schulungen zum Thema Autoglas, Austausch und Steinschlagreparatur an.

Theorie und Praxis

Unabdingbar für einen professionellen Scheibentausch sind Grundkenntnisse zu relevanten Sensoren und Fahrerassistenzsystemen. Sie sind Grundlage für die Diagnose und Kalibrierung der FAS. Es kommt entsprechende Diagnose-Hard- und -Software zum Einsatz. Mit den Diagnosetools können Fehlercodes ausgelesen, zurückgesetzt und die Sensoren und Kameras neu kalibriert werden. »Der Umgang mit Diagnosegeräten muss heute vom Autoglaser sicher beherrscht werden«, so Klein. Es komme beim Windschutzscheibenwechsel immer wieder vor, dass es nach dem Anklemmen des Regensensors zu weitreichenden Fehlermeldungen kommt. Grund ist laut Klein die Vernetzung der Sensorik. Kunden, die nach einem Windschutzscheibenwechsel aufgrund von Fehlermeldungen in ihre Kfz-Werkstatt gefahren sind, werden dort oft gefragt, ob die Windschutzscheibe gewechselt wurde. Dadurch ist mancher Autoglaser schnell als Verursacher ausgemacht worden, was viele Kunden an seiner Kompetenz zweifeln ließ.

Ein weiteres Problemfeld beim Scheibentausch kann die Scheibenheizung im Bereich der Kamera sein. »Ist diese defekt oder arbeitet nicht ausreichend stark, kann es zu unspezifischen Fehlermeldungen der FAS kommen«, so Klein. Das Tückische dabei sei, dass in den meisten Fällen der Fahrer den Fehler nicht gemeldet bekommt. Bei der nächsten HU stellt jedoch die Prüforganisation mit dem HU-Adapter einen permanenten Fehler im Kamerasteuergerät fest. Dies führt in der Regel zur Verweigerung der Plakette.

Kernkompetenzen

Nicht nur die Diagnose ist eine Herausforderung für die Autoglaser, mitunter auch der Scheibentausch selbst. »Bei Fahrzeugen mit Head-up-Display muss die Scheibe penibel korrekt gewechselt werden, ansonsten kann es zu Unschärfen oder Verzerrungen in der Anzeige kommen«, erklärt Klein. Doch auch alte Handwerkstechniken liegen den beiden Unternehmern am Herzen. »Mitarbeiter von Oldtimer-Fachbetrieben können bei uns lernen, wie Windschutzscheiben mit Gummirahmen gewechselt werden.«

Autoglaser sind längst keine Exoten mehr in der Kfz-Branche. Die Arbeit überschneidet sich heute mit vielen Teilbereichen des Automobilservices. »Neben Mitarbeitern von Reifenfachbetrieben haben beispielsweise auch Unfallinstandsetzungsbetriebe Schulungsbedarf in Sachen Scheibentausch und Sensorkalibrierung.«

Beitrag: Dr. Marcel Schoch, Krafthand Medien

Zurück

NEWSLETTER

Melden Sie sich für unseren monatlichen Newsletter an: