Radselektive Momentverteilung auf beiden Achsen durch Torque-Vectoring beim Audi e-tron S Sportback. Bild: Audi AG

Radselektive Momentverteilung auf beiden Achsen durch Torque-Vectoring beim Audi e-tron S Sportback. Bild: Audi AG

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Allradtechnik: Was steckt hinter Torque-Vectoring?

Gerade im Winter bringen allradgetriebene Fahrzeuge Vorteile. Spezielle Technologien verbessern das Fahrverhalten zusätzlich. Was sich hinter dem Begriff Torque-Vectoring verbirgt, klären wir in diesem Beitrag.

Der Begriff Torque-Vectoring steht bei Allradfahrzeugen für die aktive Antriebsmoment-Verteilung auf die ein­zelnen Hinterräder. Es ist also möglich das Antriebsmoment unterschiedlich und gezielt links und rechts, generell auf der Hinter- aber auch auf der Vorderachse zu verteilen. Das kann beispielsweise im Gelände, bei entsprechender Fahrzeugverschränkung, bis auf den Wert Null eines in der Luft befindlichen Rades reichen. Das Rad steht, das andere Rad wird mit einhundert Prozent des Antriebsmoments versorgt. Der technische Ansatz basiert quasi auf der Umkehrung des Elektronischen Stabilitäts­programms (ESP). Beim ESP werden die einzelnen Räder über einen kurzen Bremseingriff abgebremst, ein Über- oder Unter­steuern soll verhindert werden.

 

Ein Steuergerät sorgt bei Torque-Vec­toring-Systemen (beispielsweise beim Audi-Sportdifferenzial, bei BMW Dynamic-Performance-Control, allgemein bei ZF-Vec­tor-Drive) dafür, dass entweder das schnellere als auch bei Bedarf das langsamere Rad mit einem höheren Moment versorgt wird. Hinzugezogen werden Parameter wie die Radge­schwindigkeit, die Gangstufe, der Lenk- und Gier­winkel sowie die Querbeschleunigung. Das Ziel ist, die Traktion und die Fahrstabilität des Fahrzeugs auf unterschiedlichen (partiell) Untergründen sowie in Kurven zu verbessern. Durch Torque-Vectoring kann beispielsweise beim Einlenken in eine Kurve auch mehr Drehmoment an das kur­venäußere Rad gegeben werden. Das Fahr­zeug untersteuert weniger und stabilisiert sich.

 

Der Eingriff des ESP dient bei der Überschreitung fahrdynamischer Grenzen weiterhin als Sicherheitssystem, um einen stabilen Fahrzeugzustand zu gewährleisten, erfolgt aber tendenziell später als bei Fahrzeugen mit klassischem, offenem Differenzial. Die Torque-Vectoring-Funktion wird mittels elektronisch-gesteuerter Lamellenkupplung und je einem Überlagerungsgetriebe umgesetzt. Intelligente Systeme berücksichtigen auch bei der Bergabfahrt im Schubbetrieb das Schleppmoment, auch wenn kein akti­ves Motordrehmoment anliegt.

Torque-Vectoring bei E-Fahrzeugen

Der Automobilzulieferer Borg-Warner hat ein Torque-Vectoring-System für Elektrofahrzeuge entwickelt, das den Einsatz von nur einem Elektromotor an der Hinterachse erlaubt. Das System besteht aus einer inneren und einer äußeren Kupplung, die das konventionelle Differenzial ersetzen. Herkömmliche Systeme zur Drehmomentverteilung erfordern zwei Elektromotoren. Das Doppelkupplungssystem zur Drehmomentverteilung wurde laut Firmenangaben entwickelt, um die Handhabung und Manövrierfähigkeit von Elektrofahrzeugen zu verbessern. Es steuert das Drehmoment unabhängig, und verteilt die Kraft jeweils auf das linke und rechte Hinterrad.

Das neue Torque-Vectoring-System mit Doppelkupplung für E-Fahrzeuge soll das Fahrzeughandling verbessern und gleichzeitig die Produktion vereinfachen. Bild: BorgWarner

Die Doppelkupplung ist mit einem Elektromotor verbunden und verfügt über zwei umschaltbare GenVI-Stellglieder (eines pro Kupplung). Das System hat eine Kapazität von bis zu 2.600 Nm pro Kupplung und kann von der Hinterachse entkoppelt werden, wenn kein Allradantrieb erforderlich ist. Das Fahrzeug kann dann mit Frontantrieb betrieben werden, was bei Elektrofahrzeugen Verluste reduzieren und die Reichweite erhöhen soll. Den Produktionsstart und den Einsatz in einem Elektrofahrzeug eines großen Automobilherstellers, kündigte BorgWarner in der ersten Hälfte des Jahres 2022 an.

Beitrag: Georg Blenk

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