Bild: Georg Blenk, Krafthand Medien

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E-AUTOS: Im Kriechstrommodus in die Zukunft?

Elektro- und Hybridfahrzeuge (BEV und PHEV) haben seit 2019 in Deutschland stetig an Marktanteil hinzugewonnen. Lag ihr Anteil bei den Neuzulassungen 2019 noch bei drei Prozent, so sind es heute laut KBA 26 Prozent. Steigen die Deutschen jetzt auf E-Autos um?

Um zu prognostizieren, wie es mit der E-Mobilität im Jahr 2024 weitergeht, hilft ein Blick zurück. Getrieben wurden die vergleichsweise hohen Zulassungszahlen der letzten Jahre vor allem von der Innovations- und Umweltprämie. Hinzu kamen günstige Stromtarife. Die Prämien betrugen in Hochzeiten, zusammen mit dem Anteil der Hersteller, bis zu 9.000 Euro. Sogar bei den Strompreisen gab es Nachlässe für E-Autos. Bei Kommunen konnte man sein E-Auto mitunter kostenlos laden. Dies gehört der Vergangenheit an. Heute sieht sich der Käufer eines neuen Stromers mit hohen Fahrzeugpreisen, sukzessivem Zurückfahren der Fördergelder und hohen Unterhaltskosten konfrontiert. Sind E-Fahrzeuge heute günstig, dann stammen sie meist aus chinesischer Fertigung. Die EU-Kommission wirft daher dem chinesischen Staat vor, mit seinen Förderungen, die bis zu 20 Prozent betragen, den Wettbewerb zu verzerren. Sogar Strafzölle sind im Gespräch. Wie kann sich China eine solche Förderung leisten? Die Kosten eines E-Autos sind vor allem dem Akku geschuldet. Mit 40 Prozent und mehr macht er den Wert eines Fahrzeugs aus. Es sind aktuell die Rohstoffe Kobalt und Lithium, die die Produktionskosten in die Höhe treiben. Und genau hierauf hat China maßgeblich Einfluss. Der Staat in Ostasien hält gut drei Viertel an der weltweiten Kobaltproduktion. Noch größer ist der Anteil bei der chemischen Veredelung zur Akku-Herstellung. Eine Förderung seiner E-Autos ist daher für China kein Problem. Strafzölle, sofern sie kommen, würden sehr wahrscheinlich das Gegenteil bewirken. China ist Zulieferer von Akkus vieler europäischer E-Fahrzeuge. Das Land bräuchte nur die Preise der Akkus erhöhen, um genügend politischen Druck auf die EU aufzubauen.

Preistief

Warum sind derzeit die Produktionskosten für Batterien verhältnismäßig günstig? Die aktuell niedrigen Preise für Kobalt sind der Vorratspolitik der Hersteller geschuldet. In den letzten Jahren haben die Batteriehersteller Rohstoffe wie Lithium und Kobalt verstärkt eingekauft. Jetzt, wo die Nachfrage nach E-Fahrzeugen zurückgegangen ist, sind zu viel Rohstoffe im Markt, was die Preise für die Batterieproduktion drückt. Eine wohl vorübergehende Randerscheinung, die sich durch die tatsächliche Verknappung der Ressourcen Lithium und Kobalt bald wieder ins Gegenteil wendet. Andererseits werden die Recyclingkosten der E-Fahrzeuge ansteigen. Diese könnten zukünftig auch auf die Verbraucher umgelegt werden. Sie betreffen nicht nur die Akkus der E-Autos. Auch Verbundwerkstoffe machen das Recycling teuer – oder gar unmöglich.

Steigende Tarife

Ein weiterer Punkt, der zur aktuellen Kaufzurückhaltung beiträgt, sind steigende Stromtarife für E-Autos. Bis zu 0,70 Euro und mehr kostet mittlerweile die Kilowattstunde an öffentlichen Ladesäulen, Tendenz steigend. Bei einem VW ID.3 Pro S, mit einem von Auto-Bild getesteten Verbrauch von 21,3 kWh auf 100 km liegt man mit knapp 15 Euro im Preisniveau eines günstigen Diesels. Es addieren sich noch die Ladeverluste hinzu. Je nachdem, welches Fahrzeug und wo es geladen wird (Steckdose oder Wallbox) belaufen sich diese laut ADAC zwischen 7,7 und 24,2 Prozent. Dieser ‚angel-share‘ kommt auf die Ladekosten oben drauf (in Zahlen, um bei der obigen Beispielrechnung zu bleiben: 1,15 bis 3,63 Euro).

Gebrauchte E-Fahrzeuge

Erfreulich scheint hingegen die Entwicklung bei gebrauchten E-Fahrzeugen. Waren die Angebote für E-Autos laut einer Untersuchung von mobile.de im Juni 2022 noch im Schnitt pro Fahrzeug um 50 Prozent teurer als Verbrenner, sank der Unterschied bis zum Juni 2023 auf 26 Prozent. Hintergrund dieser Entwicklung sind, wie mobile.de erklärt, massiv gestiegene Gebrauchtwagenpreise im Jahr 2022 und ein knappes Angebot an Fahrzeugen. Dadurch stiegen die Preise für Benziner und Dieselautos. Bei Elektroautos gingen hingegen die Preise stark zurück. Dennoch haben die Standzeiten der E-Autos bei den Händlern im genannten Zeitraum um 67 Prozent zugenommen. Die günstigen E-Autopreise sind auf die Kaufzurückhaltung der Verbraucher gegenüber gebrauchten Stromern zurückzuführen. Grund dafür sind vor allem Bedenken gegenüber der Resthaltbarkeit der Akkus. Kfz-Werkstätten sollten daher stets den Zustand der Batterien bei gebrauchten Stromern prüfen, bevor sie in Zahlung genommen werden. Die WM SE hält dafür geeignete Mess- und Sicherheitstechnik vor. Laut den Prognosen von mobile.de könnten Ende dieses Jahres E-Autos fast genauso viel kosten wie Benziner. Ob das heißt, dass auch genauso viele E-Fahrzeuge wie Verbrenner im Verhältnis 2024 verkauft werden, bleibt abzuwarten. Das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen Stromern auf Deutschlands Straßen im Jahr 2030 wird wohl zumindest 2024 nicht sehr viel näher rücken.

 

Nichts desto trotz sprechen wir von einem ‚Rising-Market‘. Die europäischen Automobilhersteller möchten ihr Portfolio mit günstigeren Einstiegsstromern ergänzen, die Technik wird sich weiter verbessern, der Markt wird sich konsolidieren. Auf jeden Fall beschert die Elektromobilität den Kfz-Werkstätten ein interessantes neues Geschäftsfeld.

Beitrag: Dr. Marcel Schoch, Krafthand Medien

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