Niedrige Temperaturen wirken sich bei Elektrofahrzeugen zum Teil deutlich auf die Reichweite und auf die Ladegeschwindigkeit aus. Bild: Georg Blenk, Krafthand Medien

Niedrige Temperaturen wirken sich bei Elektrofahrzeugen zum Teil deutlich auf die Reichweite und auf die Ladegeschwindigkeit aus. Bild: Georg Blenk, Krafthand Medien

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IM WINTER ELEKTRISCH UNTERWEGS - GEHT DAS GUT?

Sind Elektrofahrzeuge wintertauglich? Es kursieren zahlreiche Meinungen dazu. Wir erklären welche Faktoren eine Rolle spielen, warum sich bei niedrigen Temperaturen die Reichweite reduziert und was Ihre Werkstattkunden wissen müssen.

Die Anzahl an Hybrid- und Elektrofahrzeugen steigt weiter an. 130.258 Pkw (3,8 Prozent) sind laut Kraftfahr-Bundesamt (KBA) 2018 neu zugelassen worden. Das bedeutet eine Steigerung von 53,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Darunter waren 31.442 Plug-in-Hybride. Die Anzahl reiner Elektro-Pkw wuchs mit 36.062 Fahrzeugen um 43,9 Prozent.

Niedrige Temperaturen wirken sich bei Elektrofahrzeugen zum Teil deutlich auf die Reichweite und auf die Ladegeschwindigkeit aus. Bild: Georg Blenk, Krafthand Medien

Wirklich Winter-hart?

Ein Thema wird immer wieder diskutiert: Sind Hybrid- und vor allem Elektrofahrzeuge wintertauglich? Ein klares ‚Jein‘. Batterien verhalten sich bei niedrigen Temperaturen anders. Automobilhersteller wissen das und steuern mit elektrischen Zuheizern dagegen. Das heißt, die Akkus werden in einem gewissen Temperaturfenster gehalten, um den Wirkungsgrad und die Leistung aufrecht zu halten. Das kostet Strom, der nicht in Vortrieb umgesetzt werden kann. Hinzu kommen im Winter andere Verbraucher, wie die Innenraum- oder die Heckscheibenheizung.

Laut TÜV-Süd kommt man emissionsfrei gut durch die kalte Jahreszeit, wenn man einige Punkte berücksichtigt. Die Norweger machten es schließlich vor. „Wer ein paar grundsätzliche Regeln beachtet, beispielsweise die Batterie nicht zusätzlich belastet, die Bordelektronik clever einsetzt und die Fahrdynamik kennt, für den ist das Elektroauto ein zuverlässiges Fahrzeug – rund ums Jahr. Die Batterietechnologie ist winterfest“, erklärt Volker Blandow, Head of E-Mobility beim TÜV-Süd.

Gut geladen

Im Optimalfall sollte der Fahrzeugbesitzer jedoch seinen E-Boliden über Nacht in der Garage aufladen. Im Außenbereich sind die Ladezeiten im Winter tendenziell länger, so die Experten vom TÜV Süd, was besonders für die Schnellladefunktion gilt. Wenn ein annähernd leeres Batteriesystem über Nacht ohne Ladung völlig ausgekühlt ist, wird der Strom zum Schutz der Batterie nur langsam auf den Maximalwert angehoben. Dies geschieht zum Schutz der Batterie und gegen bleibende Schäden. „Eine normal betriebene Batterie findet schnell zurück zu gewohnter Performance, sobald die Temperaturen aber wieder über Null liegen“, sagt Blandow.

Schön warm?!

Viele Elektrofahrzeuge verfügen zusätzlich über eine Vorklimatisierung, die den Innenraum des Fahrzeugs bereits beim Laden in der Garage aufwärmt. Die Funktion kann bei zahlreichen Fahrzeugen über eine App gesteuert werden. Das macht Sinn, so lässt sich Energie sparen. Zum Thema heizen liefert der TÜV-Süd darüber hinaus noch einen Tipp: „Wesentlich sparsamer als die Innenraumheizung agieren Sitz- und Lenkradheizung. Sie halten ausreichend warm und kosten weniger Reichweite.“ Diese Aussage mutet zumindest etwas exotisch an.

Reichweitenverluste

Wie groß der Reichweitenverlust bei einem Elektroauto im Winter sein kann, hat der ADAC in Zusammenarbeit mit dem österreichischen ÖAMTC getestet. Testfahrzeug war 2018 ein Mitsubishi i-MiEV. So betrugen laut ADAC die Reichweitenverluste im Stadtverkehr  bei  0°C Außentemperatur (gegenüber 20°C) bis zu 50 Prozent. Auf der Autobahn und bei Geschwindigkeiten bis 100km/h waren es rund 10 Prozent. Hier lägen jedoch die Reichweiten, aufgrund der höheren Geschwindigkeiten von Haus aus niedriger. 

Orientiert man sich am Reichweitenrechner des Internetportals EFahrer.com, so sinkt die Reichweite eines Tesla Model X 100D bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h bei 20°C und normalen Fahrstil von 326 km auf 270 km bei -10°C. Ein Citroën Berlingo Electric L1 kommt bei 20°C 98 km weit. Bei -10°C sind es lediglich 77. Hierbei handelt es sich um Berechnungen, die laut EFahrer.com auf Herstellerangaben beruhen.

Dynamik und Bremse

Auch fahrdynamisch muss man Einbußen hinnehmen. Kältebedingte beschleunigt ein E-Auto im Winter etwas weniger. Dies liegt an der Energieabgabe der Batterien sowie an mechanischen Einflüssen bei Kälte. Zusätzlich kann sich laut TÜV Süd auch das Bremsverhalten ändern. Die Bremsenergie-Rückgewinnung (Rekuperation) verlangsamt sich, weil bei sehr kalter Batterie nicht die gesamte Leistung in die Batterie eingespeist werden kann. Der Effekt kann eine leicht verminderte Bremsleistung, bei sehr kalten Temperaturen sein. „Einen ähnlichen Effekt gibt es, wenn man mit randvoller Batterie losfährt, auch im Sommer“, sagt Blandow.

Fazit

Bauartbedingt müssen Fahrer von Elektrofahrzeugen im Winter, je nach Außentemperatur, teils erhebliche Einbußen bei der Reichweite hinnehmen. Die tatsächliche Reichweite hängt von der Leistungsfähigkeit der Batterien und des Antriebs, dem Ladezustand, der Fahrweise, den Streckengegebenheiten sowie von aktivierten Zusatzverbrauchern ab. 

Abschließend lässt sich also feststellen, dass liebgewonnener Komfort im Winter, wie ein wohlig temperierter Innenraum, zu Lasten der Reichweite geht. Kommen weitere Verbraucher wie Scheiben- und Seitenspiegelheizung oder Entertainmentsysteme hinzu, verstärkt sich der Effekt. Auch beim Laden kann es aufgrund sehr niedriger Temperaturen zu Verzögerungen kommen. Es gilt also im Winter bei E-Fahrzeugen verstärkt auf den Stromverbrauch und die verbleibende Reichweite zu achten, wohl oder übel.

Beitrag: Georg Blenk, Krafthand Medien

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